Albert Herring

Wintersemester 2010 / 2011

Benjamin Brittens komische Oper „Albert Herring“ entsteht 1947, als England noch unter dem Kater des viktorianischen Empire-Rausches leidet und die Gesellschaft sich noch nicht endgültig von den Sitten und Bräuchen des 19. Jahrhunderts gelöst hat. Mit diebischer Präzision beobachtet und durchschaut Britten dieses Treiben und macht daraus seine erste komische Oper. „Albert Herring“ ist eine Gesellschaftssatire – witzig, ironisch, boshaft und frivol. Voll Doppelbödigkeit nimmt Britten die puritanischen Sitten und Bräuche der Engländer aufs Korn und hält auch dem Publikum den Spiegel vor. Als Vorlage verwendet er Guy Maupassants Novelle „Der Tugendpreis“.

Lady Billows ist empört ist über den Verfall der Sitten: Verzweifelt und ergebnislos sucht sie nach einer Maikönigin, einem Ehrentitel für tugendhaftes Leben. Alle möglichen Kandidatinnen kommen dafür wegen zu kurzer Röcke oder zu vieler Männerbekanntschaften nicht in Frage. Es bleibt nur Albert Herring, der unter dem Glassturz seiner Mutter lebt. Seine Bravheit bringt ihn in eine Situation, die für einen jungen Mann kaum peinlicher und erniedrigender sein kann: Er wird vom Kleinstadtkomitee für Tugendhaftigkeit zum „Maienkönig“ ernannt. Albert, unter der Knute der rigorosen Mutter, muss als Projektionsfläche herhalten für die bigotte Moral der Kleinstadtgesellschaft. Von der Mutter verprügelt und der Jugend gehänselt, wird er genötigt diesen
Preis anzunehmen. Wie kommt Albert aus dieser Situation wieder heraus?

Beim Fest mischt der Metzgerbursche Sid dem frisch gebackenen Titelträger heimlich Rum in sein Getränk, um ihn einmal „aufzumischen“. Daraufhin erfährt Albert zum ersten Mal so etwas wie Freiheit - die Freiheit des Rausches. Nach der Feier ist er plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Als ihn die aufgeregte Gesellschaft – voran seine verzweifelte Mutter – schon als Leiche im Dorfteich sehen und seinen Tod Herz zerreißend beklagen, erscheint er nach einer nächtlichen Sauftour verwandelt zurück, erklärt sein altes Leben für beendet, stößt die feine Gesellschaft vor den Kopf, wirft die ganze Bagage hinaus, zieht als Mann endlich die Hosen an und weist die Mutter auf ihren
Platz.

Aus diesem Stoff machen Benjamin Britten und sein Librettist Eric Crozier ein spritziges Konversationsstück – eine gesellschaftliche Parabel gegen Unterdrückung und für die Freiheit. Wie immer bei Brittens Opern geht es um einen, diesmal geretteten, sensiblen Einzelgänger, der gegen eine repressive Umwelt kämpft, die alles ausstößt, was nicht ihren Normen entspricht. Brittens „Albert Herring“ ist ein Musterbeispiel einer Oper, die ganz von der Bühne, von der Aktion her komponiert ist. Jede Note der Sänger und Instrumentalisten ist mimisch, ist Ausdruck von Charakteren und Situationen – voll von umwerfender Komik und frei von jeder Sentimentalität.

Auf der Bühne dreizehn Solisten, vor der Bühne dreizehn Musiker: Das bedeutet Ensemblespiel und Kammermusik, größte Verantwortung des Einzelnen bei vollkommener Einordnung in das Ganze. Britten versteht es, die Musik in
den Personen und Begebenheiten des Alltagslebens aufzuspüren. Seine klare menschliche Parteinahme, bei gleicher künstlerischer Liebe zu allen Figuren des Stückes ist dabei beispielhaft. Dabei gelingen ihm die satirischen Teile des Werkes ebenso überzeugend, wie die Darstellung der Menschen, die er bejaht.

In Kooperation mit der Fachhochschule Hannover Studiengang Kostümbild und Szenografie

 

Daten und Fakten

Albert Herring
Benjamin Britten

Musikalische Leitung Prof. Martin Brauß

Regie Karin Seinsche

Kostüm / Maske Nursel Kilinc, Astrid Klein

Bühne Vitali Schreiber

Musikalische Assistenz Joachim Beuster, Heeja Yang, Peter Leipold

Beleuchtungsinspizienz Lena Kutzner, Rebecca Wiemers

Abendspielleitung Steffen Henning, Maximiliane Schünemann


Besetzung:
Lady Billows Friederike Weritz, Mareike Bielenberg

Florence Anna Bineta Diouf, Theresa Hoffmann

Mrs. Wordsworth Katharina Müller, Lena zum Berge

Mr. Gedge Christoph Biermann, Daniel Schäfer

Mr. Upfold Rafael Rybandt

Mr. Budd Nicolas Kröger, Alexandru-Dan Constantinescu

Sid Marian Müller, Byung Kweon Jun

Albert Herring Panos Jabuldakis

Nancy Lena Kutzner, Juliane Harberg

Mrs. Herring Ines Schumacher

Emmy Xiaodan Zaum

Sissy Sophia Körber

Harry Florian Neubauer



Premiere am 5. Februar 2011 im Richard Jakoby Saal der HMTMH

Weitere Vorstellungen am 6., 7. und 8.2.2011

Zuletzt bearbeitet: 24.04.2016

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