Così fan tutte...

„so machen es alle Frauen“ – behauptet der Titel dieser Oper und meint mit etwas zynischem Unterton, daß das weibliche Geschlecht im allgemeinen einen grundsätzlichen Hang zur Untreue aufweist, was es in einem Experiment zu beweisen gilt: Zwei Männer sollen die Freundin des jeweils anderen verkleidet und unerkannt verführen – was in der Tat auch bestens gelingt! Der Untertitel dieser Oper heißt allerdings: „Die Schule der Liebhaber“ oder besser „Eine Schulung für Liebende“. Es geht also weniger darum, mit erhobenen Zeigefinger oder moralisierenden Spott oder süffisanter Rechthaberei dem weiblichen Geschlecht ein genbestimmtes Talent zur Untreue nachzuweisen, sondern um die schmerzlich-beglückende Entdeckung eines Liebesgefühls, das sich der gesellschaftlichen Ver– oder Beurteilung entzieht und sich nur der „Notwendigkeit des Herzens“ beugt. Der etwas mißmutige, männlich arrogante Vorwurf, daß alle Frauen es so machen, verwandelt sich unversehens zu einem anerkennenden Kompliment über die Eigenständigkeit des weiblichen Gefühls, das sich der gesellschaftlichen Konvention widersetzt und den Maßstab der Liebesentscheidung nur in sich selbst findet. Freilich findet das nicht ohne heftige innere Kämpfe und Überwindungen von Widerständen statt. Mozart weiß die Gefühlsabgründe mit seiner Musik auszuloten, aber auch für den komödiantisch-ironischen Aspekt dieses Spiels den richtigen Ton zu finden. Die Oper, im 19. Jahrhundert oft als unmoralisch und unglaubwürdig abgetan, hat durch seine psychologische Vielfältigkeit in den letzen Jahrzehnten in vielen bemerkenswerten Inszenierungen ihre erstaunliche Aktualität bewiesen. Sie ist vor allem für junge Sängerdarsteller eine große Herausforderung, aber auch eine dankbare Gelegenheit, die stimmlichen und schauspielerischen Fähigkeiten in der Darstellung dieser psychologisch komplizierten Figuren unter Beweis zu stellen. Die Produktion der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover wird hauptsächlich von Studierenden des Studiengangs Master/Oper getragen als professionelle Vorbereitung für deren Einstieg in die Karriere als Sängerdarsteller.

Prof. Matthias Remus