Daphnis und Chloé / Ein Ehemann vor der Tür

Wintersemester 2010 / 2011

Im Wintersemester 2010 hat an der HMTH erneut Operette von Offenbach Premiere, diesmal gleich zwei Stücke des deutsch-französischen Komponisten. "Daphnis und Chloé" und "Ein Ehemann vor der Tür" sind eher unbekanntere Werke aus seiner Feder und gerade deshalb mehr als entdeckenswert. 

In ihrer Konzeptionseinführung zu Beginn der Proben zu den beiden Offenbach-Operetten fragte die Regisseurin Kornelia Repschläger:

Warum wieder Operette
Warum wieder Offenbach?

Rossini nannte ihn DEN MOZART DER CHAMPS ELYSEES
Nietzsche nannte Offenbachs Bouffonnerien DIE SUPREMSTE FORM DER GEISTIGKEIT
Ein deutscher Kritiker bezeichnete die Musik des Orpheus 1863 als BORDELLMUSIK

Volker Klotz:
Aber die Operette träumt nicht nur lauthals von Gleichheit und Freiheit, von Brüderlichkeit und Schwesterlichkeit im Umgang der Leute miteinander.
Sie träumt auch davon, dass jeder Einzelner ein ganzer sei.
Die Operette ist besser als ihr Ruf.
Sie hat sich weder überlebt noch ist sie gegenstandslos geworden.
Das wäre sie erst dann, wenn ihre kecken Glücksforderungen eingelöst und wenn die Objekte ihrer unartigen Angriffe verschwunden wären. Das ist nirgends der fall, im Gegenteil.

Kevin Clarke:
Die Operette wird im Innersten zusammengehalten von:

  • Erotik bzw. sexuellen Anspielungen
  • Kunstvoller (oft ironischer) Distanz bzw. Stilisierung
  • Unfeinen, aber wirksamen Mitteln
  • Tänzerischer Bravour
  • Glamourösen Persönlichkeiten 

Nur wenn ein Sänger mindestens drei dieser fünf Kriterien erfüllt, sollte man ihn auf die Operette loslassen.
Erst wenn die Operette wieder als Gesang des Lasters und der Ekstase und nicht als billiges Opernimitat aufgeführt wird, erst wenn der existentialistische Funken in dieser Musik wieder zu spüren ist, kann es zu einer wirklichen Renaissance dieser Gattung kommen.

Die vorgetäuschte Einfachheit der Offenbachschen Musik erleichtert uns spontan den Zugang, ebenso wie sie ihn erschwert, weil wir alles, was simpel daher kommt, als zu eindimensional glatt, als  zu leichtgewichtig verwerfen.
Die deutsche Mentalität erkennt als wertvoll nur das Schwere, das Tragische, bestenfalls noch das Melancholische an.
Leichtigkeit ist ihr suspekt, der ausschließliche Unterhaltungsanspruch ist ihr wesensfremd.
Dabei ist gerade die Komik in dieser Schwerelosigkeit mit das Diffizilste, wodurch ein Sängerdarsteller gefordert werden kann.
Sie herzustellen und glaubhaft zu präsentieren, sie zu verkörpern, sich aber gleichzeitig von ihr distanzieren erfordert

  • intellektuelles Denkvermögen
  • Bauchgefühl
  • Körperbeherrschung
  • Präzision
  • Kenntnis der eigenen Ausdrucksmittel
  • Pointiertheit der gesanglichen und darstellerischen Mittel

Offenbach fordert Sie heraus, seine ach so simplen Couplets als Schablone zu begreifen, die sie durch ihre Persönlichkeit farbig und multidimensional gestalten und bereichern.
Hier werden Sie nicht erdrückt vom Nimbus eines Meisterwerkes,  dem wir uns ehrfürchtig und bescheiden nähern.
Hier dürfen und sollen Sie sich frech dem Werk, dem Genre nähern.
Fordern Sie es heraus, ebenso  wie es Sie herausfordert und auffordert, mehr zu geben, als Sie bereit sind für eine solche Gattung zu geben.
Wachsen Sie dadurch, provozieren Sie Ihren Kunstanspruch, erweitern Sie ihn durch den Spaß- Faktor, erkennen Sie den Nonsens als die einzig wahre Erkenntnis über den Sinn des Lebens - und vielleicht auch des Studiums - an.
Sie gewinnen, so paradox es klingen mag, an geistiger Tiefe und darstellerischer Aura, Sie gewinnen geschärftes musikalisches Ausdrucksvermögen, das Ihnen Tiefe und Kraft für Mozart und Donizetti bringt.

Und haben sie diesen verrückten, besessenen Offenbach einfach ein wenig lieb, der sich immer wieder ruiniert um des Spaßes willen.

 

Daten und Fakten

Musikalische Leitung Peter Leipold

Regie Kornelia Repschläger

Ausstattung Christina Rudolph

Kostüme Verena Huhle, Anna-Elise Ritter, Lisa-Dorotheè Franke


Daphnis und Chloe
Besetzung:

Chloé Maximiliane Schünemann, Julia Klotz

Daphnis Anna Bineta Diouf, Camilla Lehmeier

Pan Christoph Biermann, Samuel Hasselhorn

Calisto Katsiaryna Ajyba, Patricia Grasse

Locoe Xiaodan Zaum, Judith Utz

Xanthippe Jung-Youn Kim, Stephanie Lönne

Niobe Alice Hoffmann

Amalthea Katarina Andersson

Ein Lamm Florian Neubauer

Barbesucher
Sophia Körber, Sarah Lewark, Nele Schulze, Philip Björqvist, Julius Jonzon

 
Ein Ehemann vor der Tür
Besetzung:

Susanne Maximiliane Schünemann, Julia Klotz

Rosina Katsiaryna Ajyba, Patricia Maier

Martin Christoph Biermann, Samuel Hasselhorn

Florian Steffen Henning


Premiere 5. November 2010 im STUDIO D der HMTMH

Weitere Vorstellungen am 6.11., 7.11., 12.11., 13.11. und am 14.11.2010

Zuletzt bearbeitet: 24.04.2016

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